[fb_button]… und ich habe die Fujifilm X100 mittlerweile verstehen, schätzen und lieben gelernt. Jeder kennt wohl den Effekt, dass man gerade im Bereich Technik (und man munkelt auch bei der Partnerwahl) schnell überschwänglich von seiner Neuanschaffung schwärmt, bis sich nach einiger Zeit die ersten schlechten Eigenschaften herauskristallisieren. Zwar hat auch die kleine Fuji hier und da ihre Macken, überwiegend fällt das Fazit aber positiv aus. Deutlich besser verstehen lernen kann man die X100 auch mit geeigneter Literatur.
UPDATE: Hier findet sich ein sehr ausführlicher Artikel mit allerlei Praxistipps für noch mehr Spaß an der X100!
Über das Konzept, das Fuji mit der X100 umgesetzt hat, habe ich bereits im ersten Artikel viel Lob gestreut. Das hat sich auch bewahrheit, denn im Prinzip bekommt der ambitionierte Käufer (sofern er sich auch im Vorfeld richtig informiert hat) genau das, was seine Erwartungshaltung erfüllen müsste. Klein, schick und mit einem hervorragenden Output nimmt die X100 zumindest in diesem Preissegment eine Nischenstellung ein. Eine Leica X1 vermisse ich persönlich absolut nicht, zumal das eh schon beschränkte Freistellungspotential eines APS-C Sensors sehr nach Blende 2 giert.
Nachtkönigin und scharfes Luder
Wie schon nach dem ersten Fazit, bin ich nach wie vor absolut überrascht von den hervorragenden High-Iso Fähigkeiten der X100. Bis ISO 3200 muss man sich absolut keine Gedanken machen, mit einer nachträglichen Entrauschung sind selbst ISO 6400 und ISO 12800 (ja!) absolut nutzbar- das erfreut das Fotografenherz. Auch die oft bemängelte „weiche“ Offenblende kann ich an meinem Exemplar absolut nicht nachvollziehen. Offenblende ist knackscharf, selbst Landschaftsaufnahmen könnte man damit machen, ohne komplett matschige Bildecken zu erhalten. Als Freund des Bokehs und Aufnahmen mit Bildtiefe entstehen im Prinzip 80 Prozent meiner Aufnahmen mit Offenblende f2. Die Belichtungsautomatik ist in meinen Augen ein wenig holprig, ich muss trotz aufs Motiv angepasster Belichtungsmodi oft mit der Belichtungskorrektur arbeiten. Die Spotmessung funktioniert allerdings tadellos.
Bedienung, Handling und Co.
Wie es sich für eine Diva gehört, ist die Lady ein Buch mit sieben Siegeln. Aber auch nur zu Beginn, denn die anfangs etwas verwirrende Menüstruktur ist schnell verinnerlicht. Feinheiten wurden bereits verbessert, einige Dinge stören allerdings immer noch gewaltig. Der Menüpunkt der ISO-Automatik, den man oft für einen Wechsel braucht, ist tief versteckt in den Weiten des zweiten Untermenüs- eine derart prominente Funktion sollte auch an eine besser erreichbare Stelle versetzt oder mit einer Funktionstaste belegt werden können. Statt des (für mich relativ sinnfreien) RAW-Buttons (ich fotografiere immer in RAW+JPG), wäre eine freie Belegung als zweite Funktionstaste sinnvoll, womit sich manche Probleme schon von selbst lösen würden.
Auch das Handling des integrierten ND-Filters (Graufilter) ist mühsam, wenn man bei gutem Licht oft zwischen Aufnahmen mit Offenblende (da braucht man ihn fast immer) und Aufnahmen mit geschlossenen Blenden wechselt. Ideal wäre wohl eine ND-Automatik, die den Filter bei Bedarf zuschaltet – rein technisch wird das aber wohl nicht ohne weiteres gehen, sonst hätte es Fuji vermutlich bereits integriert.
Nervig: Der Makromodus, den die Kamera schon bei geschätzten 50cm zum fokussieren benötigt, muss immer manuell aktiviert werden. Es ist unbeschreiblich nervenaufreibend, wenn man z.B. eine schnelle Detailaufnahme verpasst, weil man um ein paar wenige Zentimeter zu nah am Objekt war, um normal zu fokussieren. Eine Umschaltung sollte in meinen Augen automatisch erfolgen, sobald die Kamera einen gewissen Objektabstand erkennt.
Ein letzter (aber großer) Kritikpunkt geht an den OK-Button. Dieser lustige Kamerad ist derart flach und nahe an den umliegenden Tasten platziert, dass man wohl nur mit filligranen Asiatenfingern eine Fehleingabe vermeiden kann. Zwar trifft man mit der Zeit besser, anfreunden kann ich mich persönlich damit aber nicht. In Foren wird als Bastlerlösung oft darüber gesprochen, ein kleines Stück gestanztes Leder auf den OK-Button zu kleben- ich habe davon aber bisher noch Abstand gehalten 😉
Der Hybrid-Sucher
Wer suchet, der findet? Jain, denn nicht immer ist der an sich tolle optische Sucher eine Offenbarung. Hell, groß, toll – aber leider mit Einschränkungen. Wie schon im ersten Artikel erwähnt, ist das AF-Feld im optischen Sucher deutlich größer als im elektronischen, was rein physikalisch natürlich verständlich ist. Trotzdem leidet die Trefferquote darunter, vor allem im mittleren Entfernungsbereich. Will ich bestimmte Bilddetails fokussieren, schalte ich meistens auf den zuverlässigen EVF um, um mit präzisen AF-Feldern arbeiten zu können. Leider ist der EVF etwas ruckelig, eine „smoothe“ Umsetzung würde ihn für mich deutlich attraktiver machen. Erfreulich ist, dass Fuji mit dem Firmwareupdate auch ein „korrigiertes“ AF-Feld in den OVF einblendet – so muss man sich nicht immer auf die eigene Schätzung des Parallaxenfehlers stützen, sondern hat eine kleine Hilfe. Trotz allem: Die Möglichkeit, die Wahl zu haben, ist toll und bisher von der Konkurrenz in dieser Form unerreicht!
Ist es Liebe?
Ja! Endlich habe ich eine „Immerdabei“ gefunden, die kleine Abmessungen auch endlich mit ansprechender Bildqualität und den gewissen Look eines größeren Sensors mit lichtstarkem Objektiv vereint. Die Beschränkung auf 35mm KB-Brennweite wird vielen schwer fallen, die kein Arbeiten mit Festbrennweiten gewohnt sind. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, lernt mit dieser Beschränkung den Blick für bestimmte Bilder und Momente zu entwickeln, fotografiert bewusster und „freier“. Es klingt merkwürdig, doch eine Einschränkung kann auch eine Befreiung sein. Mit der X100 plagt einen nicht mehr der Gedanke, ob man wohl die richtigen Objektive dabei hat. Und ist es einmal nötig, kommt eben der „Turnschuhzoom“ zum Einsatz – schaden tut es sicher nicht 😀 Ich werde die kleine X100 auf jeden Fall behalten, zumindest bis Fujifilm das angekündigte System mit Wechselobjektiven auf den Markt bringt – man darf gespannt sein, was da noch alles kommt…
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